Stadtkreis Stettin

Zugehörigkeit staatlich: Land Preußen, Provinz Pommern, Regierungsbezirk Stettin
Zuständ. Justiz (1894): Amtsgericht Stettin, Landgericht Stettin, Oberlandesgericht Stettin
Zuständ. Finanzamt (1927):
1) Finanzamt Stettin-Nord, Landesfinanzamt Stettin
2) Finanzamt Stettin-Süd, Landesfinanzamt Stettin
3) Finanzamt Stettin-Randow, Landesfinanzamt Stettin
Zuständ. Gau 1933-1945: Pommern
Zuständ. Militärdienst 1885: II. Armeekorps
Zugehörigkeit ev. Kirche: Evangelische Kirche der altpreußischen Union, Kirchenprovinz Pommern
Zugehörigkeit kath. Kirche: Bistum Berlin


Stadtbeschreibung Stettin nach Neumann 1894:
Stadtkreis, Hauptstadt der preußischen Provinz Pommern, Sitz des Stabs des 2. Armeekorps, der 3. Division, der 5. u. 6. Inf.-, der 3. Kav.- u. der 2. Feldartillerie-Brigade, 1 Gren.-Reg. Nr. 2, 3 Abteil. Feldartillerie Nr. 2, 1 Pionierbat. Nr. 17; Bahnhof der Linien Berlin-Stettin, Stettin-Podejuch, Stettin-Strasburg und Stettin-Zoppot der Preußischen Staatsbahn, Reichsbankhauptstelle, Kreditverein, Hypothekenkreditgesellschaft, Genossenschaftsbank, General-Landschaftsdirektion, Rentenbank für Pommern und Schleswig-Holstein, Sitz des Oberpräsidenten der preußischen Provinz Pommern, Konsistorium, Generalsuperintendent, Schul- und Medizinalkollegium, Provinzial-Steuerdirektion, Provinzialverwaltung, Regierung, Oberlandesgericht, Landgericht nebst Kammer für Handelssachen, Schwur- und Amtsgericht, Gewerbegericht, Landratsamt für den Kreis Randow, Oberpostdirektion, 3 Eisenbahnbetriebsämter, 23 Konsuln, Seemannsamt, Börse, Handelskammer, Preußische Nationalversicherungsgesellschaft gegen Feuers-, See- und Stromgefahr, Lebensversicherungsgesellschaft Germania, Preußische Seeassekuranzkompanie, mehrere See- und Flussversicherungsgesellschaften, Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde, 6 evangelische Kirchen (darunter die Jakobikirche), Baptistenkapelle, 1 altlutherische Kirche, 1 katholische Kirche, 1 Kirche der Apostolischen Gemeinde, Synagoge, 3 Gymnasien (Marienstifts-Gymnasium, städtisches Gymnasium und König-Wilhelms-Gymnasium, 2 Realgymnasien (Friedrich-Wilhelms-Realgymnasium und Schiller-Realgymnasium), Handels- und Gewerbeschule, Taubstummenanstalt, Blindenanstalten (zu Neutorney) für Knaben und Mädchen, Stadtmuseum, Pommersches Museum, Antiquarisches Museum, Kunstverein, Hebammenlehranstalt, Diakonissenhaus, Mädchenrettungshaus, Theater, Johanniskloster (Asyl für alte Bürgersleute) und andere Stiftungen, Krankenhäuser, neues Rathaus in der Neustadt, Schloss, Vereins- und Konzerthaus, Denkmäler Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III. auf dem Königsplatz. Stettin besteht aus der Alt- und Neustadt links von der Oder und der Lastadie rechts von der Oder innerhalb der ehemaligen Festungswerke, den Stadtteilen Ober- und Unterwiek (diese mit dem Logengarten) oberhalb und unterhalb der eigentlichen Stadt links an der Oder, Grünhof mit Kupfermühle im Norden, Neutorney im Nordwesten. Außerdem sind noch mit Stettin verbunden im Süden das Dorf Pommerensdorf, im Norden die Stadt Grabow und die Dörfer Bredow, Züllchow und Frauendorf. Die Industrie ist bedeutend; es gibt Eisengießereien und Maschinenfabriken, sowie Fabriken für chemische Produkte, Portlandzement, Zucker, Zichorien, Zigarren, Parfümerien, Seifen, Öl, feuerfeste Geldschränke u. a.; Schiffswerften ("Vulkan" in Bredow mit über 5.000 Arbeitern); Dampfmühlen für Mehl, Bretter und Öl, Branntweinbrennereien etc.; mehrere sehr wichtige Fabriken befinden sich in den benachbarten Orten; Gartenbau. Seeschiffe bis zu 5,5 m Tiefgang gehen nach Stettin hinauf; die Reederei der Stadt bestand 1893 aus 144 Seeschiffen zu 39.959 Registertons. Ein Freihafen ist (1894) im Bau. Ausgeführt werden in erster Linie: Getreide, Sprit, Ölfrüchte, Holz, Zink etc.; eingeführt werden: Roheisen, Steinkohlen, Petroleum, Heringe, Kolonialwaren etc. Dampfschiffsverbindungen bestehen mit zahlreichen Orten an der Oder (aufwärts bis Schwedt), dem Haff und den Odermündungen (Swinemünde, Misdroy, Kammin), ferner mit Saßnitz, Riga, Kopenhagen, Gotenburg etc. Geschichte: Stettin war schon 830 ein wichtiger Ort, nach 1124 das Christentum an, führte die Reformation erst 1563 durch, fiel 1637 an Schweden, wurde 1677 von dem Großen Kurfürsten erobert, kam 1720 an Preußen, ging ohne Widerstand am 29. Oktober 1806 an die Franzosen über, die es nach langer Belagerung erst am 5. Dezember 1813 wieder räumten. Die Festungswerke sind beziehungsweise werden seit 1873 abgetragen. Stettin ist Geburtsort der Dichter Kugler (1808), Pruß (1816) und Scherenberg (1798), der Kaiserin Katharina II. von Rußland (1729) u. a.

Besonderheiten nach dem Ortsbuch 1927:
Oberpräsident der Provinz Pommern, Regierung des Regierungsbezirks Stettin, Landratsamt des Kreises Randow, Polizeipräsidium, Reichsbankdirektion, 2 Eisenbahnbetriebsämter, Maschinenamt, 2 Verkehrsämter, Oberpostdirektion, Militär (St Wehrkr II, St 2 Div, Art-Führer 2, J R 5, I. MWK., Art R 2, I., Pion Bttl. 2, Kraftf Abt 2), 1. Schupo, Lehranstalt für Zollbeamte, 3 Gymnasien, Realgymnasium, Oberrealschule, 2 Lyzeen, Reichsbankhauptstelle, Landesfinanzamt, Hauptzollamt, Handels-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer.

Einwohner Stadtkreis Stettin
  80.972 (1875)
  91.756 (1880)
  99.543 (1885)
116.228 (1890), davon 108.124 Evangelische,   4.383 Katholiken, 2.582 Juden
210.702 (1900), davon 197.026 Evangelische,   8.132 Katholiken
236.113 (1910), davon 219.020 Evangelische,   9.385 Katholiken
254.466 (1925), davon 234.611 Evangelische,   9.213 Katholiken,    462 sonstige Christen, 2.615 Juden
270.747 (1933), davon 243.379 Evangelische, 10.188 Katholiken,      73 sonstige Christen, 2.365 Juden
268.421 (1939), davon 233.424 Evangelische, 10.845 Katholiken, 1.539 sonstige Christen, 1.102 Juden

Die Reichstagswahlen vom
im Stadtkreis Stettin
5. 3. 1933
Abgegebene gültige Stimmen insgesamt165.331
NSDAP79.729
SPD36.963
KPD21.548
Zentrum2.880
DNVP (Kampffront Schwarz-weiß-rot)18.897
DVP - Deutsche Volkspartei2.030
Christlich-sozialer Volksdienst1.656
Deutsche Bauernpartei20
Deutsch-Hannoversche Partei-
DDP (Deutsche Staatspartei)1.583
Andere Parteien25



Quellen:

Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs. Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde. Dritte, neu bearbeitete und vermehrte Auflage von Wilhelm Keil. Leipzig, 1894.

Das Ortsbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben in Verbindung mit der Deutschen Reichsbahn und Deutschen Reichspost. Berlin, 1927.

Statistik des Deutschen Reichs. Alte Folge, Band 57: Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dez. 1880. Berlin, 1883.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 32: Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dez. 1885. Berlin, 1888.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 150: Die Volkszählung am 1. Dez. 1900 im Deutschen Reich. Berlin, 1903.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 240: Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. 12. 1910. Berlin, 1915.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 401: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1925. Heft 1: Die Bevölkerung im Deutschen Reich nach den Ergebnissen der Volkszählung 1925. Teil I: Einführung in die Volkszählung 1925. Tabellenwerk. Berlin, 1928.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 434: Die Wahlen zum Reichstag am 31. Juli und 6. November 1932 und am 5. März 1933. Berlin, 1935.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 450: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Teil I: Altreich und Land Österreich. Berlin, 1939.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 451: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933. Heft 3: Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit. Berlin, 1936.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1940.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 552: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939.
Heft 3: Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit. Berlin, 1942.
Heft 4: Die Juden und jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich. Berlin, 1944.


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