Stadt und Landkreis Danzig

Zugehörigkeit staatlich:
bis 1920 Land Preußen, Provinz Westpreußen, Regierungsbezirk Danzig
1920 - 1939 Freistaat Danzig
1939 - 1945 Reichsgau Danzig-Westpreußen, Regierungsbezirk Danzig
Zuständ. Justiz (1894):
1) Amtsgericht Danzig, Landgericht Danzig, Oberlandesgericht Marienwerder
Zuständ. Justiz (1942):
1) Amtsgericht Danzig, Landgericht Danzig, Oberlandesgericht Danzig
2) Amtsgericht Danziger Höhe, Landgericht Danzig, Oberlandesgericht Danzig
3) Amtsgericht Danziger Niederung, Landgericht Danzig, Oberlandesgericht Danzig
4) Amtsgericht Tiegenhof, Landgericht Danzig, Oberlandesgericht Danzig
Zuständ. Militärdienst 1885: I. Armeekorps
Zugehörigkeit ev. Kirche: Evangelische Kirche der altpreußischen Union (Hinweis Kirchenbücher)


a) Stadtkreis Danzig

Stadtbeschreibung nach Neumann 1894:
Gelegen in anmutiger Gegend am Rande des westlichen Hochlands und am Einfluss der Radaune in die Mottlau, die wenig unterhalb in den westlichen Weichselarm geht; Militär: Festungskommandantur, Generalkommando des 17. Armeekorps, Kommando der 36. Division, der 71. Infanterie-, der 36. Kavallerie-, 12. Gendarmerie und 17. Feldartilleriebrigade; Grenadierregiment Nr. 5, Infanterieregiment Nr. 128, 4 Eskadr. Husaren Nr. 1, 3 Abteil. Feldartillerie Nr. 36, 2 Bat. Fußartillerie Nr. 2 und Trainbat. Nr. 17; 4 Bahnhöfe für die Linien Dirschau-Neufahrwasser, und Danzig-Zoppot der Preußischen Staatsbahn; Reichsbankhauptstelle mit 661 1/2 Mill. Mark Umsatz im Jahr 1892, Sparkassenaktienverein, Danziger Privat-Aktienbank, westpreußisch-landschaftliche Darlehenskasse, Danziger Hypothekenverein, Vorschussverein, Oberpräsidium, Regierung, 2 Landratsämter für die Kreise Danziger Höhe und Danziger Niederung, Landgericht nebst Kammer für Handelssachen, Schwur- und Amtsgericht, Forstinspektionen, Provinzial-Steuerdirektion, Oberpostdirektion, Eisenbahnbetriebsamt, Direktion der Eisenbahn Marienburg-Mlawka, Lotsenamt, Hauptsteueramt, Seemannsamt, 15 Konsuln; 14 evangelische Kirchen, darunter die gotische Marienkirchen von 1343-1503 (112 m lang, 45 m breit, 30 m hoch, Turm 103 m hoch), 5 katholische Kirchen, mennonitische Kirche, Synagoge, ein königliches und ein städtisches Gymnasium, Realgymasium Petrischule, Realgymnasium Johannisschule, Handelsakademie, Kunst- und Handwerkerschule, Navigations-Hauptschule, Kriegsschule, Werftschule, Schifffahrtsschule, Musikschule, Taubstummenschule, Hebammenlehranstalt, 2 Waisenhäuser, städtische Bibliothek mit 70.000 Bänden, städtische Gemäldegalerie im ehemaligen Franziskanerkloster, Provinzial-Kunstgewerbemuseum, mehrere Vereine (u. a. Naturforschende Gesellschaft), Rathaus in der Langgasse, Artushof (jetzt Börse) auf dem Langen Markt, Hohes Tor von 1588, Zeughaus, 2 Sternwarten, 2 Theater, reiche Stiftungen; die Straßen und Gassen in der Altstadt, im Westen von der Mottlau, sind schmal, die Häuser Giebelhäuser mit architektonischem Schmuck; die Speicherinsel, zwischen Mottlauarmen, enthält vorzugsweise die Speicher und Warenniederlagen der Kaufleute; Langgarten, im Osten von der Mottlau und in der Niederung, ist der Wohnsitz der höheren Beamten, daselbst auch die Niederstadt; ganz im Westen die Vorstadt; außerdem gibt es noch Vorstädte mit besonderen Namen, die teilweise ganz vom Stadtgebiet getrennt sind: Langfuhr, Neuschottland, Schidlitz, Altschottland, Stadtgebiet, Sankt Albrecht, Ohra und Neufahrwasser; die Fabriktätigkeit ist ziemlich bedeutend und liefert Tuch, chemische Waren, Goldwasser, Liköre, Stärke, Essig, Seife, Sprit, Öl und Ölkuchen, Bernsteinfabrikate, Tabak, Zement, Dachpappe etc.; ferner gibt es Eisengießereien und Maschinenfabriken, eine Fleischpökelungsanstalt, eine Zuckerraffinerie, Glashütte, Schriftgießerei, 3 private Schiffswerften, eine staatliche Schiffswerft, königliche Gewehrfabrik und Artilleriewerkstätte, Bierbrauereien, Gerbereien, Dampfsägemühlen, große Mühlwerke, ausgedehnte Kanalisation zur Fortschaffung unreiner Stoffe mit Pumpstation auf der Mottlauinsel Kämpe; der Lebensnerv der Stadt sind Handel und Schifffahrt; der Hafen von Danzig ist Neufahrwasser; Handelsartikel sind besonders Zucker, Mühlenfabrikate, Getreide, Holz, Heringe, Roheisen, Drogen, Steinkohlen, Kaffee, Reis, Gewürze, Wein, Schmalz, Petroleum, Gußwaren, Maschinen, Holzwaren, Garne, Häute etc.; Danzig ist eine Festung und ein Waffenplatz zweiten Ranges. Außer der Stadtbefestigung gibt es auf den westlichen Höhen die Forts Hagelsberg und Bischofsberg sowie andere im Flachland östlich längs der Weichsel bis Neufähr 8 km hinauf und nördlich längs der Weichsel bis Weichselmünde fast ebenso weit hinunter. Danzig ist sehr alt und war um 1000 schon Hauptstadt von Pommerellen; 1309 kam es an den Deutschen Orden, 1466 in dem zweiten Frieden zu Thorn an Polen, 1793 an Preußen. Unter polnischer Herrschaft war Danzigs Handel sehr zurückgegangen, erholte sich aber besonders wieder nach der abermaligen Besitznahme durch Preußen im Jahr 1813. Unter den Belagerungen sind besonders die von 1807 (Kalckreuth als Verteidiger) und von 1813 (der Franzose Rapp) zu nennen, wobei das erste Mal Danzig an die Franzosen, das andere Mal an die Verbündeten überging. Der frühere ungesunde Zustand der Stadt, der Danzig seit 1831 mehrmals zu einem Hauptherd der Cholera machte, ist durch die Kanalisation beseitigt worden. Unter den bedeutenden Männern, die in Danzig geboren wurden, sind der Kupferstecher Chodowiecki (1726-1807), der Astronom Hevel (1611-1687), der Physiker Fahrenheit (1686-1736), der Philosoph Schopenhauer (1788-1860), die Dichter Gruppe (1804-1876) und Reinick (1805-1852), der Landschaftsmaler Ed. Hildebrandt (1817-1868) u. a. Zur Stadt gehört eine reiche Kämmerei, die einen großen Teil der Dörfer im Danziger Werder und in der Danziger Nehrung, auch den Flecken Hela und den Wald auf Hela umfasst. Herrliche Vergnügungsorte sind in den westlichen Höhen von Prangenau an der Radaune bis Oliva und Zoppot.

Einwohner Stadtkreis Danzig
  97.931 (1875)
108.551 (1880)
114.805 (1885)
120.338 (1890), davon   80.723 Evangelische, 35.851 Katholiken, 2.535 Juden und 1.229 Sonstige
140.563 (1900), davon   92.272 Evangelische, 44.230 Katholiken und 4.061 Sonstige einschl. Juden
170.337 (1910), davon 110.253 Evangelische, 55.513 Katholiken und 4.571 Sonstige einschl. Juden
256.403 (1929)

Die Reichstagswahlen von
im Wahlkreis Stadtkreis Danzig
19071912
Deutschkonservativ17,6 %28,3 %
Wirtschaftliche Vereinigung7,6 %-
Freisinnige Vereinigung30,5 %37,5 %
Zentrum16,5 %0,1 %
Polenpartei1,8 %2,0 %
SPD26,0 %32,0 %
Zersplittert0,0 %0,1 %



b) Landkreis Danzig
(Gebildet 1920)

Einwohner Landkreis Danzig
53.976 (1929)

Die Reichstagswahlen von
im Wahlkreis Landkreis Danzig
(Danziger Höhe, Danziger Niederung)
19071912
Mittelstandspartei-0,2 %
Reichspartei44,1 %24,5 %
Freisinnige Vereinigung6,9 %-
Fortschrittliche Volkspartei-19,2 %
Zentrum24,4 %22,8 %
Polen7,1 %5,4 %
SPD17,0 %27,6 %
Zersplittert0,5 %0,3 %


Die Gemeinden des Landkreises Danzig:

1. Babenthal:
278 Einwohner (1929)

2. Barenhütte:
287 Einwohner (1929)

3. Bölkau:
1.110 Einwohner (1929)

4. Bösendorf:
151 Einwohner (1929)

5. Bohnsack:
933 Einwohner (1929)

6. Bohnsackerweide:
145 Einwohner (1929)

7. Borgfeld:
356 Einwohner (1929)

8. Braunsdorf:
334 Einwohner (1929)

9. Breitfelde:
110 Einwohner (1929)

10. Buschkau:
709 Einwohner (1929)

11. Einlage:
510 Einwohner (1929)

12. Ellerbruch:
203 Einwohner (1929)

13. Gemlitz:
497 Einwohner (1929)

14. Gischkau:
514 Einwohner (1929)

15. Glasberg:
234 Einwohner (1929)

16. Goldkrug:
39 Einwohner (1929)

17. Golmkau:
740 Einwohner (1929)

18. Gottswalde:
548 Einwohner (1929)

19. Grebinerfeld:
216 Einwohner (1929)

20. Grenzacker:
114 Einwohner (1929)

21. Grenzdorf:
282 Einwohner (1929)

22. Groß Paglau:
257 Einwohner (1929)

23. Groß Plehnendorf:
640 Einwohner (1929)

24. Groß Trampken:
506 Einwohner (1929)

25. Groß Zünder:
857 Einwohner (1929)

26. Güttland:
801 Einwohner (1929)

27. Guteherberge:
473 Einwohner (1929)

28. Herren- u. Mönchengrebin:
363 Einwohner (1929)

29. Herzberg:
399 Einwohner (1929)

30. Hochzeit:
252 Einwohner (1929)

31. Hohenstein:
1.188 Einwohner (1929)

32. Jenkau:
505 Einwohner (1929)

33. Jetau:
314 Einwohner (1929)

34. Käsemark:
650 Einwohner (1929)

35. Katzke:
165 Einwohner (1929)

36. Kelpin:
251 Einwohner (1929)

37. Kladau:
405 Einwohner (1929)

38. Klanau:
386 Einwohner (1929)

39. Klein Kelpin:
139 Einwohner (1929)

40. Klein Plehnendorf:
966 Einwohner (1929)

41. Klein Trampken:
222 Einwohner (1929)

42. Klein Zünder:
333 Einwohner (1929)

43. Klempin:
379 Einwohner (1929)

44. Kleschkau:
409 Einwohner (1929)

45. Kohling:
422 Einwohner (1929)

46. Kowall:
235 Einwohner (1929)

47. Krampitz:
150 Einwohner (1929)

48. Kriefkohl:
556 Einwohner (1929)

49. Lamenstein:
776 Einwohner (1929)

50. Landau:
211 Einwohner (1929)

51. Langenau:
1.204 Einwohner (1929)

52. Langfelde:
243 Einwohner (1929)

53. Letzkau:
495 Einwohner (1929)

54. Löblau:
1.277 Einwohner (1929)

55. Maidahnen:
122 Einwohner (1929)

56. Mariensee:
426 Einwohner (1929)

57. Marschau:
258 Einwohner (1929)

58. Meisterswalde:
804 Einwohner (1929)

59. Müggau:
146 Einwohner (1929)

60. Müggenhahl:
584 Einwohner (1929)

61. Nassenhuben:
152 Einwohner (1929)

62. Neuendorf (Post Danzig):
230 Einwohner (1929)

63. Neuendorf (Post Mariensee):
278 Einwohner (1929)

64. Neufähr, Forstgut, gemeindefreier Gutsbezirk:
3 Einwohner (1929)

65. Neunhuben:
53 Einwohner (1929)

66. Niedersommerkau:
91 Einwohner (1929)

67. Nobel:
122 Einwohner (1929)

68. Oberhölle:
129 Einwohner (1929)

69. Oberhütte:
209 Einwohner (1929)

70. Oberkahlbude:
512 Einwohner (1929)

71. Obersommerkau:
187 Einwohner (1929)

72. Ochsenkopf:
208 Einwohner (1929)

73. Oliva-Forst, gemeindefreier Gutsbezirk:
125 Einwohner (1929)

74. Östl. Neufähr:
500 Einwohner (1929)

75. Osterwick:
430 Einwohner (1929)

76. Ostroschken:
214 Einwohner (1929)

77. Ottomin:
82 Einwohner (1929)

78. Pietzkendorf:
357 Einwohner (1929)

79. Pomlau:
365 Einwohner (1929)

80. Postelau:
432 Einwohner (1929)

81. Prangenau:
576 Einwohner (1929)

82. Praust:
1.762 Einwohner (1875)
2.135 Einwohner (1880)
3.878 Einwohner (1929)

83. Quadendorf:
171 Einwohner (1929)

84. Rambeltsch:
663 Einwohner (1929)

85. Reichenberg:
318 Einwohner (1929)

86. Rosenberg:
778 Einwohner (1929)

87. Rostau:
170 Einwohner (1929)

88. Saalau:
498 Einwohner (1929)

89. Saskoschin:
247 Einwohner (1929)

90. Schaplitz:
263 Einwohner (1929)

91. Scharfenberg:
149 Einwohner (1929)

92. Scharfenort:
172 Einwohner (1929)

93. Scharshütte:
109 Einwohner (1929)

94. Schiewenhorst:
620 Einwohner (1929)

95. Schmerblock:
425 Einwohner (1929)

96. Schnakenburg:
528 Einwohner (1929)

97. Schönau:
269 Einwohner (1929)

98. Schönbeck:
296 Einwohner (1929)

99. Schönfeld:
768 Einwohner (1929)

100. Schönrohr:
154 Einwohner (1929)

101. Schönwarling:
769 Einwohner (1929)

102. Schüddelkau:
557 Einwohner (1929)

103. Schwarzenfelde:
323 Einwohner (1929)

104. Schwarzhütte:
108 Einwohner (1929)

105. Schwintsch:
362 Einwohner (1929)

106. Sobbowitz:
843 Einwohner (1929)

107. Sperlingsdorf:
172 Einwohner (1929)

108. Stangenwalde:
201 Einwohner (1929)

109. Straschin-Prangschin:
885 Einwohner (1929)

110. Strauchhütte:
268 Einwohner (1929)

111. Strippau:
422 Einwohner (1929)

112. Stüblau:
592 Einwohner (1929)

113. Suckschin:
331 Einwohner (1929)

114. Tiefental:
121 Einwohner (1929)

115. Trockenhütte:
242 Einwohner (1929)

116. Trutenau:
581 Einwohner (1929)

117. Uhlkau:
241 Einwohner (1929)

118. Wartsch:
294 Einwohner (1929)

119. Weßlinken:
734 Einwohner (1929)

120. Wiesental:
153 Einwohner (1929)

121. Wonneberg:
990 Einwohner (1929)

122. Wordel:
237 Einwohner (1929)

123. Wossitz:
448 Einwohner (1929)

124. Wotzlaff:
472 Einwohner (1929)

125. Zipplau:
280 Einwohner (1929)

126. Zugdam:
550 Einwohner (1929)



Quellen und Literatur

Das Deutsche Ortsbuch. Vollständiges Gemeindelexikon enthaltend alle selbständigen Ortschaften und Gutsbezirke (etwa 70.000 politische Gemeinden) im deutschen Reichsgebiet unter Berücksichtigung der in Ausführung der Friedensbedingungen erfolgten Landesabtretungen an Belgien, Danzig, Dänemark, Frankreich, das Memelgebiet, Polen und die Tschecho-Slowakei nebst Angabe der zuständigen Amtsgerichte, Verwaltungsbehörden, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Regierungsbezirke, des Staatsgebiets und der Einwohnerzahlen. Herausgegeben von Friedrich Müller. Nächstebreck/Kreis Schwelm, 1920.

Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs. Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde. Dritte, neu bearbeitete und vermehrte Auflage von Wilhelm Keil. Leipzig, 1894.

Statistik des Deutschen Reichs. Alte Folge, Band 57: Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dezember 1880. Berlin, 1883.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 109: Berufs- und Gewerbezählung vom 14. Juni 1895. Berufsstatistik der kleineren Verwaltungsbezirke. Berlin, 1897.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 150: Die Volkszählung am 1. Dezember 1900 im Deutschen Reich. Berlin, 1903.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 240: Die Volkszählung im Deutschen Reiche am 1. 12. 1910. Berlin, 1915.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 250: Die Reichstagswahlen von 1912. Berlin, 1913.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1940.


Deutsche Verwaltungsgeschichte 1871 - 1990 © 2006 by Dr. Michael Rademacher M.A.