Stadt- und Landkreis Kiel

Zugehörigkeit staatlich:
bis 1945 Preußen, Provinz Schleswig-Holstein
1945 britische Besatzungszone
1946 Land Schleswig-Holstein
1949 Bundesland Schleswig-Holstein
Zuständ. Justiz (1894 und 1920): Amtsgericht Kiel, Landgericht Kiel, Oberlandesgericht Kiel
Zuständ. Finanzamt (1927): Finanzamt Kiel, Landesfinanzamt Schleswig-Holstein
Zuständiger Gau 1933-1945: Schleswig-Holstein
Zuständ. Militärdienst (1885): IX. Armeekorps
Zugehörigkeit ev. Kirche (1939): Evangelisch-lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins
Zugehörigkeit kath. Kirche (1939): Bistum Osnabrück


a) Stadt bzw. Stadtkreis Kiel

Stadtbeschreibung nach Neumann 1894:
Gelegen in schöner Lage am westlichen Ufer des gleichnamigen Busens und zwar an seinem schmäleren inneren Teil; Militär: 1. Bat. Inf. Nr. 85, 8. Festungsinspektion, Stab der 9. Gendarmerie-Brigade, Kommando der Marinestation der Ostsee, 1. Marineinspektion, Inspektion des Torpedowesens und der Marineinfanterie, 1. Matrosendivision, ein Seebataillon, Sitz des Bildungswesens der Marine; Bahnhof der Linien Altona-Kiel und Ascheberg-Kiel der Preußischen Staatsbahn und der Kiel-Flensburger Eisenbahn; Reichsbankstelle, Vereinsbank, Kieler Bank, Kieler Kreditbank; Oberlandes-, Land-, Schwur- und Amtsgericht; Handelskammer, Oberpostdirektion, Hauptsteueramt, Strandamt, Konsistorium für die Provinz Schleswig-Holstein, Provinzial-Medizinal-Kollegium, Provinzial-Verwaltung, 9 Konsulate fremder Länder, 4 evangelische Pfarrkirchen (darunter die Nikolaikirche von 1240), eine katholische Pfarrkirche; Universität (gestiftet 1665 vom Herzog Christian Albrecht) in neuem Gebäude und mit einer Bibliothek von 140.000 Bänden im Schloss (hier auch eine ausgezeichnete Sammlung von Gipsabgüssen), ferner mit einem Museum für vaterländische Altertümer und einem mineralogischen Museum; Landesdenkmal für Beseler, Reventlow und Petrich; Gymnasium, Oberrealschule, Marineakademie, Marine- und Deckoffizierschule, Maschinisten- und Steuermannsschule, Handelsschule, Präparandenanstalt, Gewerbeschule, Post- und Musikschule, Brauer- und Mälzerakademie, Blindenanstalt, Sternwarte, Waisenhaus, große Verpflegungsanstalt (Stadtkloster, aus mehreren ehemaligen Klöstern gebildet), viele milde Stiftungen, 2 große Krankenhäuser, Lazarett, vortreffliche Privatirrenanstalt Hornheim, Idiotenanstalt, Theater; zahlreiche Vereine: Landwirtschaftlicher Zentralverein, Kunstverein, Gartenbauverein, Verein für Geographie und Naturwissenschaften, Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Altertümer, Verein für vaterländische Geschichte, Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde. Kiel besteht aus der Altstadt und den neuen Stadtteilen, zu denen auch die ehemaligen Dörfer Brunswiek und Düsternbrook gehören - zu letzterem führt ein Weg durch einen prachtvollen Buchenwald; dabei das Seebad, das Lustschloss Bellevue und die Baumschule Düvelsbeck. In der Umgegend schöne Landhäuser und Gärten. Kiel besitzt den besten Hafen an der deutschen Ostseeküste. Die Marineetablissement befinden sich gegenüber bei den Dörfern Ellerbek und Gaarden; gegen die Seeseite sind zahlreiche Festungswerke, westlich vom Kieler Busen bei Friedrichsort, östlich bei Möltenort und Labö. Der Schiffsverkehr ist vorzugsweise mit den nordischen Ländern lebhaft. Die Industrie ist nicht sehr bedeutend; es gibt mehrer Eisengießereien und Maschinenfabriken; Schiffsmaschinenbau, Kupferschmiederei; Fabriken für Tabak, Öl, Goldleisten, Tapeten, Knochenmehl, Mineralwasser, Spiritus, Likör, Seife; große Bierbrauereien, Kalkbrennereien, Dampfsägemühlen, Furnierschneiderei, Lohgerberei, Ziegelbrennerei, Schiffswerften, Gasanstalt; der Handel erstreckt sich besonders auf Getreide, Bauholz, Vieh, Steinkohlen, Fische etc.; bekannt sind die Kieler Sprotten und der Kieler Umschlag, letzterer eine Messe und üblicher Zahlungstermin (6.-17. Januar). Kiel, ursprünglich tom Kyle (zum Kiel), entstand im 11. Jahrhundert und erhielt 1242 lübisches Stadtrecht. 1720-1773 war es die Hauptstadt des gottorpischen Anteils von Holstein, 1848-1850 Sitz der provisorischen Regierung und 1866-1879 Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein.

Besonderheiten nach dem Ortsbuch 1927:
Sitz des Oberpräsidenten für die Provinz Schleswig-Holstein, Polizeipräsident, Eisenbahnbetriebsamt, Maschinenamt, Verkehrsamt, Oberpostdirektion, Marinestation der Ostsee, Schiffsstammdivision der Ostsee, Küstenwehrabteilung III, Schupo, Universität, Gymnasium, Realgymnasium, 2 Oberrealschulen, Realschule, 3 Lyzeen, Reichsbankhauptstelle, Landesfinanzamt, Hauptzollamt, Zollamt Bahnhof, Handelskammer, Landwirtschaftskammer.

Oberbürgermeister der Stadt Kiel
1870 - 1888 Heinrich Johann Georg Mölling
1888 - 1912 Paul Fuß
1912 - 1919 Paul Lindemann
1919 - 1933 Emil Lueken
1933 - 1945 Walter Behrens

Einwohner Stadtkreis Kiel
  43.594 (1880)
  51.706 (1885)
  69.172 (1890), davon   65.663 Evangelische,   2.724 Katholiken, 350 Juden
107.977 (1900), davon 100.754 Evangelische,   5.814 Katholiken
211.627 (1910), davon 193.758 Evangelische, 13.212 Katholiken
213.881 (1925), davon 187.158 Evangelische,   9.543 Katholiken, 264 sonstige Christen, 605 Juden
218.335 (1933), davon 189.929 Evangelische, 10.439 Katholiken,   39 sonstige Christen, 522 Juden
261.298 (1939), davon 210.797 Evangelische, 17.543 Katholiken, 916 sonstige Christen, 227 Juden
254.449 (1950)
270.700 (1960), davon 59.900 Vertriebene
276.600 (1969)
250.400 (1980)
245.200 (1990)

Erwerbstätigkeit und Altersstruktur der Bevölkerung im Stadtkreis Kiel nach der Volkszählung vom 17. 5. 1939
Zahl der Haushaltungen81.819
Ständige Bevölkerung (Wohnbevölkerung ohne die ihre Dienstpflicht
ableistenden Angehörigen von Wehrmacht und Reichsarbeitsdienst)
261.298
davon männlich132.891
Altersstruktur der Bevölkerung: 
unter 6 Jahre alt9,6 %
6 bis 13 Jahre alt8,4 %
14 bis 64 Jahre alt74,4 %
über 64 Jahre alt7,6 %
Berufszugehörigkeit nach Wirtschaftszweig: 
Landwirtschaft und Forstwirtschaft0,8 %
Industrie und Handwerk37,4 %
Handel und Verkehr16,5 %
Dienstleistungen einschl. öffentlicher Dienst45,3 %
Berufszugehörigkeit nach der Stellung im Beruf: 
Selbstständige7,0 %
Mithelfende Familienangehörige1,1 %
Beamte und Angestellte34,7 %
Arbeiter44,2 %
Sonstige13,0 %
Betriebsfläche der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe: 
0,5 bis unter 5 ha224 (70,5 %)
5 bis unter 10 ha33 (10,4 %)
10 bis unter 20 ha37 (11,6 %)
20 bis unter 100 ha22 (6,9 %)
100 ha und mehr2 (0,6 %)


Die Reichstagswahlen von
im Wahlkreis Kiel
19071912
Deutschkonservativ-7,1 %
Freisinnige Vereinigung47,8 %-
Fortschrittliche Volkspartei-38,7 %
Zentrum0,9 %1,3 %
Polenpartei0,1 %0,1 %
SPD51,2 %52,8 %


Die Reichstagswahlen vom
im Stadtkreis Kiel
5. 3. 1933
Wahlbeteiligung92,1 %
Abgegebene gültige Stimmen insgesamt145.123
NSDAP69.225
SPD41.719
KPD16.013
Zentrum2.183
DNVP (Kampffront Schwarz-weiß-rot)12.833
DVP - Deutsche Volkspartei1.496
Christlich-sozialer Volksdienst665
Deutsche Bauernpartei13
Deutsch-Hannoversche Partei-
DDP (Deutsche Staatspartei)951
Andere Parteien25



b) Landkreis Kiel

Einwohner Landkreis Kiel:
51.147 (1890), davon 1.628 Katholiken, 19 Juden
66.196 (1900), davon 63.721 Evangelische, 2.268 Katholiken



Quellen:

Das Deutsche Ortsbuch. Vollständiges Gemeindelexikon enthaltend alle selbständigen Ortschaften und Gutsbezirke (etwa 70.000 politische Gemeinden) im deutschen Reichsgebiet unter Berücksichtigung der in Ausführung der Friedensbedingungen erfolgten Landesabtretungen an Belgien, Danzig, Dänemark, Frankreich, das Memelgebiet, Polen und die Tschecho-Slowakei nebst Angabe der zuständigen Amtsgerichte, Verwaltungsbehörden, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Regierungsbezirke, des Staatsgebiets und der Einwohnerzahlen. Herausgegeben von Friedrich Müller. Nächstebreck/Kreis Schwelm, 1920.

Geschichte der Stadt Kiel. Herausgegeben von Jürgen Jensen und Peter Wulf. Neumünster, 1991.

Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs. Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde. Dritte, neu bearbeitete und vermehrte Auflage von Wilhelm Keil. Leipzig, 1894.

Das Ortsbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben in Verbindung mit der Deutschen Reichsbahn und Deutschen Reichspost. Berlin, 1927.

Statistik des Deutschen Reichs. Alte Folge, Band 57: Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dezember 1880. Berlin, 1883.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 150: Die Volkszählung am 1. Dez. 1900 im Deutschen Reich. Berlin, 1903.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 240: Die Volkszählung im Deutschen Reiche am 1. 12. 1910. Berlin, 1915.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 250: Die Reichstagswahlen von 1912. Berlin, 1913.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 401: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1925. Heft 1: Die Bevölkerung im Deutschen Reich nach den Ergebnissen der Volkszählung 1925. Teil I: Einführung in die Volkszählung 1925. Tabellenwerk. Berlin, 1928.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 434: Die Wahlen zum Reichstag am 31. Juli und 6. November 1932 und am 5. März 1933 (Sechste bis achte Wahlperiode). Berlin, 1935.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 450: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1939.
Teil I: Altreich und Land Österreich.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 451: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933. Heft 3: Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit. Berlin, 1936.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1940.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 552: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939.
Heft 3: Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit. Berlin, 1942.
Heft 4: Die Juden und jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich. Berlin, 1944.
Statistik des Deutschen Reichs. Band 559: Ergebnisse der Volks-, Berufs- und landwirtschaftlichen Betriebszählung 1939 in den Gemeinden. Heft 7: Provinz Schleswig-Holstein, Hansestadt Hamburg, Mecklenburg. Berlin, 1943.

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1952. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Wiesbaden, 1952.

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1961. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Wiesbaden, 1961.

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1971. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Wiesbaden, 1971.

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1981. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Wiesbaden, 1981.

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1992. Herausgegeben vom Statistischen Bundesamt. Wiesbaden, 1992.


Deutsche Verwaltungsgeschichte 1871 - 1990 © 2006 by Dr. Michael Rademacher M.A.