| Der Reichsgau Sudetenland
Reichsgauleiter: 1938 - 1945 Konrad Henlein (Online-Kurzbiographie)
Tschechoslowakische Parlamentswahl vom 19. 5. 1935
Einwohner Reichsgau Sudetenland 2.919.648 (1939), davon 158.340 Evangelische, 2.582.176 Katholiken, 41.203 sonstige Christen
Verwaltungsstruktur Sudetenland 1939
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Tschechoslowakische Parlamentswahl vom 19. 5. 1935 (Wahlergebnisse nach dem "Prager Tagblatt" vom 22. 5. 1935)
Die Parteiprogramme in Kürze "Anmerkung: Die Zahl der bei der letzten Wahl erreichten Stimmen wurde nur dann angegeben, wenn die betreffende Partei allein kandidiert hat. Bei der Nationalen Vereinigung wurden die Stimmen der Nationaldemokraten und der Liga zusammengezählt." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 1: Tschechische Agrarier "Entstanden um die Jahrhundertwende durch Absplitterung der bäuerlichen Wähler von den Jungtschechen. Hieß bis zum Umsturz Tschechische Agrar-Partei und nahm dann den Namen 'Republikanische Partei der Landwirte und Kleinbauern' an. Ihr Gründer auf tschechoslowakischem Boden war Anton Svehla, der bis zu seinem Tode (1933) auch Parteiobmann war. Seither steht an der Spitze der Partei als 'amtierender Obmannstellvertreter' Abg. Rudolf Beran. Die Partei vertritt hauptsächlich agrarische Interessen. Durch das Einsetzen für die Interessen des Hausbesitzes hat sie Anhänger auch in den Städten gewonnen. Innerhalb der tschechischen Agrarier herrscht das Bestreben vor, den Rahmen einer reinen Agrarpartei zu sprengen und allmählich zu einer großen konservativen bürgerlich-bäuerlichen Partei zu werden. Nach dem Vorbild Roosevelts verficht die Republikanische Partei in der letzten Zeit Planwirtschaft nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. In der Regierung ist die Partei vertreten durch den Ministerpräsidenten Malypetr, den Nationalverteidigungsminister Bradac, den Innenminister Dr. Cerny und den Landwirtschaftsminister Doktor Hodza. Bei den letzten Wahlen erhielt die Partei 1,100.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 2: Tschechische Sozialdemokraten "Die Partei besteht als Bewegung seit 1870 und ist seit 1896 parlamentarisch vertreten. Von 1918 bis 1920 war sie die stärkste tschechoslowakische Partei, hat dann dieses Primat nach Absplitterung der Kommunisten an die Agrarier abgeben müssen. Parteiführer in der Republik war zunächst Vladimil Tusar, nach dessen Tod ist es Abg. Anton Hampl. Ihr Programm ist das der II. Internationale, es wird jedoch nicht dogmatisch gehandhabt, sondern den besonderen Bedürfnissen der Tschechoslowakei angepaßt. In der Regierung sind die tschechischen Sozialdemokraten durch Eisenbahnminister Bechyne, gleichzeitig Stellvertreter des Ministerpräsidenten, durch Justizminister Doktor Dérer und Fürsorgeminister Dr. Meißner vertreten. Bei den letzten Wahlen erhielt sie 963.000 Stimmen. Auf der Liste 2 kandidieren ferner die Zionisten und polnischen Sozialdemokraten." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 3: Tschechische Nationalsozialisten "Gegründet 1896 als nationale Arbeiterbewegung gegen die Sozialdemokratie von Wenzel Klofác, der noch heute an ihrer Spitze steht. In Österreich war sie eine der schärfsten nationalen Parteien. Seither trat eine starke Annäherung an die Sozialdemokraten ein, von denen sich die Nationalsozialisten auch heute noch durch stärkere Betonung des nationalen Moments und dadurch unterscheiden, daß sie nichtmarxistisch sind. Soziologisch stützt sich diese Partei auf Arbeiter und Mittelstand; sie nennt sich selbst die 'Partei des kleinen Mannes'. Es gehören. Es gehören ihr nach dem Aufgehen der Realisten-Partei (Nationale Arbeiterpartei Stranskys) in die Nationalsozialistische Partei, auch zahlreiche Intellektuelle an. In der Regierung ist die Partei durch Außenminister Doktor Benes vertreten, der auch der eigentlich maßgebende Mann in der Partei ist, und durch den Postminister Dr. Franke. Sie erhielt bei den letzten Wahlen 768.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 4: Kommunisten "Entstanden als Linksabsplitterung von den Sozialdemokraten 1920. Langjähriger Parteiführer war Dr. Smeral. Sein Nachfolger wurde Abgeordneter Gottwald und als dieser ausgeliefert wurde und sich versteckt hielt, Abg. Dvorák. Ihr Programm ist das der III. Internationale: Klassenkampf, Kollektivismus, internationale Solidarität des Proletariats. Die KPTsch. kandidiert Tschechen, Slowaken, Deutsche, Ungarn, Ruthenen, Polen. Sie erhielt bei den letzten Wahlen 753.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 5: Tschechische Volkspartei "Ihre Gründung fällt in das alte Österreich. Parteiführer seit 1918 Msgr. Dr. Srámek. Programmatisch vertritt die Partei katholische Interessen, namentlich auf dem Gebiet des Schulwesens und der Kultur. Sozial setzt sie sich gemäß ihrem Programm für die wirtschaftlich Schwachen und die Mittelklassen ein. In der Regierung ist sie durch Unifizierungsminister Dr. Srámek und Handelsminister Ing. Dostálek vertreten. Sie erhielt bei den letzten Wahlen 633.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 6: Deutsche Sozialdemokraten "Fortsetzung der von Viktor Adler gegründeten österreichischen Sozialdemokratie in den sudetendeutschen Gebieten. Parteiführer 1918 bis 1920 Seliger, seither Dr. Ludwig Czech. Programm der II. Internationale. Unterscheidet sich von dem der tschechischen Sozialdemokraten durch die programmatische Forderung nach nationaler Autonomie der Deutschen. In der Regierung vertreten seit 1929 durch Dr. Czech, Arbeitsminister. Erhielt bei den letzten Wahlen 507.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 7: Slowakische Volkspartei "1920 durch Absplitterung von der einheitlichen katholischen Partei entstanden. Parteiführer seit Anbeginn Pater Andrej Hlinka. Kulturpolitisch deckt sich ihr Programm mit dem der Tschechischen Volkspartei. Staatspolitisch kämpft sie für die Autonomie der Slowakei. Unter dem Schlagwort "Autonomie" haben sich ihr für diese Wahl angeschlossen die Slowakische Nationalpartei (Razus), die Karpathorussische Autonomistenpartei und die polnischen bürgerlichen Gruppen. Die Slowakische Volkspartei erhielt bei den letzten Wahlen 425.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 8: Bund der Landwirte "Hervorgegangen aus der deutschen Agrarpartei im alten Österreich. Parteiführer war von 1918 bis 1925 Franz Krepek, seither ist es Dr. Franz Spina. Das wirtschaftliche Programm deckt sich mit dem der tschechischen Agrarier, in nationalpolitischer Beziehung fordert der Bund der Landwirte, wie alle deutschen Parteien, die Selbstverwaltung der Deutschen in der Tschechoslowakei. In der Regierung vertreten durch Gesundheitsminister Dr. Spina." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 9: Deutsche Christlichsoziale "Gegründet 1919. Parteiführer Senator Professor Dr. Karl Hilgenreiner. Programm: christlich, gemäßigt konservativ, für nationale Autonomie der Deutschen. Nahm an der Regierung von 1926 bis 1929 teil." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 10: Tschechische Gewerbepartei "Seit 1920 im tschechoslowakischen Parlament vertreten. Parteiführer Abgeordneter Najman. Programm: Schutz der Produktion des Handwerks und Gewerbes, Schutz des kleinen Kaufmanns gegen den Sozialismus, die Großindustrie und den Fiskus. Bei den letzten Wahlen erhielt die Tschechische Gewerbepartei 291.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr.116 vom 18. Mai 1935)
Liste 11: Ungarische Parteien und sudetendeutscher Wahlblock "Hier kandidiert die Deutsch-demokratische Freiheitspartei. Hervorgegangen aus der Deutschen Fortschrittspartei des alten Österreich. Parteiführer 1918 bis 1931 Professor Dr. Bruno Kafka, 1931 bis 1934 Abgeordneter Josef Jellinek, seit 1934 Senator Carl Kostka. Programm: demokratisch, liberal. Weiter kandidiert auf dieser Liste die Deutsche Gewerbepartei. Entstanden als Absplitterung von der Deutschen Nationalpartei. Seit 1925 im Parlament vertreten. Parteiführer Abg. Stenzl. Programm: wirtschaftlich wie die Tschechische Gewerbepartei, nationalpolitisch wie die anderen deutschen Parteien. Weiter kandidieren auf Liste 11 die neugegründete Deutschnationale Partei (Horpynka), der Sudetendeutsche Landbund (Hanreich) und die Deutsche Arbeiterpartei (Fahrner), die ebenfalls neu gegründet wurde, schließlich die Zipser deutsche Parei (Nitsch). Die beiden ungarischen Parteien, Christlichsoziale und Nationalpartei, unterscheiden sich programmatisch dadurch voneinander, daß diese mehr den fortschrittlichen, jene mehr den konservativen Teil des ungarischen Bürgertums vertritt." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 12: Sudetendeutsche Partei (Henlein) "Gegründet Oktober 1933 im Anschluß an die Auflösung der Deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei und der Einstellung der Tätigkeit der Deutschen Nationalpartei. Ursprünglicher Name Sudetendeutsche Heimatfront, über behördliches Einschreiten abgeändert in Sudetendeutsche Partei. Vorsitzender Konrad Henlein. Programm: Schaffung einer deutschen Volksgemeinschaft mit ständischer Gliederung. Bekämpfung des Marxismus." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 13: Fascisten "Gegründet 1926 aus unzufriedenen Anhängern der Nationaldemokraten. Führer: R. Gajda. Programm: für autoritäre Regierung, antidemokratisch, ursprünglich minderheitenfeindlich, hat jedoch später eine deutsche und ungarische Sektion gegründet." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 14: Nationale Vereinigung der Beamten und Angestellten (Beamtenpartei) "Gegründet 1932. Parteiobmann: Abg. Najemnik. Programm: Vertretung der Interessen der Staats- und Privatbeamtenschaft; Bekenntnis zum tschechischen Nationalismus." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 15: Schuldner "Gegründet 1935, unmittelbar vor den Wahlen. Gründer und Parteiobmann: Fachlehrer i. R. Weinlich (Landskron). Programm: Schuldnerschutz. Kandidiert Angehörige aller Nationalitäten. Ins Parlament kandidieren mehr Deutsche als Tschechen, so daß die Stimmen dieser Partei im dritten Skrutinium der größten deutschen Partei zufallen. In den Senat hat die Schuldnerpartei mehr Tschechen aufgestellt, so daß diese Stimmen der tschechischen Gruppe des dritten Skrutiniums zufallen würden." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Liste 16: Nationale Vereinigung "Besteht aus drei Gruppen: 1. Nationaldemokraten, 2. Nationale Liga, 3. Nationale Front. Nationaldemokraten, früher Staatsrechtliche Demokraten, knüpften an die Jungtschechische Partei an, deren Führer Dr. Krantak auch ihr Parteiführer wurde. Sie waren in der Umsturzzeit die repräsentative Partei des Bürgertums. Nationale Liga: Absplitterung der Nationalsozialisten unter Führung Stribrnys. Nationale Front: Kleine rechtsradikale Gruppe, Führer Professor Mares. Obmann der Nationalen Vereinigung Dr. Kramár. Programm: Nationalistisch, Vereinigung aller Tschechen und Slowaken auf das Programm des Nationalismus, Wirtschaftlicher Liberalismus. Wahllosung: "Nichts als die Nation." Seit dem Austritt der Nationaldemokraten aus der Regierung (Februar 1934) in schärfster Opposition gegen die Koalition. Gegner der "Burg". Bei der letzten Wahl erreichten sie 431.000 Stimmen." (Quelle: "Prager Tagblatt", Nr. 116 vom 18. Mai 1935)
Quellen: Statistik des Deutschen Reichs. Band 450: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1939. Teil II: Sudetendeutsche Gebiete und Memelland. Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich. Berlin, 1940. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552: Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939. Heft 3: Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit. Berlin, 1942. Heft 4: Die Juden und jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich. Berlin, 1944.
Deutsche Verwaltungsgeschichte 1871 - 1990 © 2006 by Dr. Michael Rademacher M.A.
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